Höchstrichterlicher Segen (für den Einkaufsfuchs)

von Christiane Möller (rbm)

Bis vor das Bundessozialgericht hat es der Einkaufsfuchs geschafft. Am 10. März stellten die Kasseler Bundesrichter klar, dass es sich bei dem Barcodelesegerät um ein Hilfsmittel zur Minderung der Folgen einer Behinderung handelt. Damit stehen die Krankenkassen in der Pflicht, die Kosten bei Bedarf zu übernehmen.

Genau vor einem Jahr, in der Mai-Ausgabe der “Gegenwart”, berichtete die Rechtsberatungsgesellschaft “Rechte behinderter Menschen” (rbm) schon einmal über den so genannten Einkaufsfuchs. Das Gerät erkennt den auf Waren aufgedruckten Strichcode und nennt mittels elektronischer Sprachausgabe den Produktnamen und weitere Informationen wie etwa die Füllmenge. Für viele blinde oder hochgradig sehbehinderte Menschen ist dieses Hilfsmittel ein wichtiger Helfer im Alltag  –  und zwar nicht nur beim Einkauf, wie der Name vermuten lässt, sondern vor allem bei der selbstständigen Haushaltsführung. Denn der Einkaufsfuchs hilft auch, im Vorratsschrank eine Dose Erbsen von einer Dose Pfirsiche zu unterscheiden. In ihrem Artikel erläuterte die “rbm” damals die aktuelle und durchweg positive Rechtsprechung in Bezug auf die Verpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen, ihre Mitglieder mit diesem Hilfsmittel im Bedarfsfall auszustatten.

Mittlerweile hat sich auch das Bundessozialgericht mit dem schlauen Fuchs befasst. Geklagt hatte eine spät erblindete Frau, die bereits vor dem Sozialgericht Berlin (Gerichtsbescheid vom 2.6.2009  –  S 72 KR 3222/07) sowie beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 16.7.2010  –  L 1 KR 188/09) Recht bekam. Da die beklagte Krankenkasse eine Grundsatzentscheidung verlangte, ging der Fall vor das Bundessozialgericht. In der Entscheidung vom 10.3.2011 (B 3 KR 9/10 R) haben die Kasseler Richter nun höchstrichterlich klargestellt, dass ein Barcodelesegerät ein Hilfsmittel ist, das gesetzliche Krankenkassen ihren blinden Mitgliedern zur Verfügung stellen müssen, sofern es im Einzelfall erforderlich ist. Die Urteilsbegründung liegt noch nicht schriftlich vor. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat das Gericht darauf hingewiesen, dass das selbstständige Wohnen, wozu auch das Einkaufen und die eigenständige Organisation des Haushalts gehört, zu den Grundbedürfnissen eines jeden Menschen zählt. Sofern das Hilfsmittel also von einem blinden Menschen für diesen Zweck benötigt wird, ist es auch durch die gesetzliche Krankenkasse zu finanzieren.

Abgeschlossen ist die Angelegenheit für die Klägerin allerdings noch nicht, denn der Fall wurde ans LSG Berlin-Brandenburg zurückverwiesen, das nun noch einmal erörtern muss, ob die Versorgung im konkreten Einzelfall erforderlich und wirtschaftlich ist. Bedeutend ist das BSG-Urteil aber allemal, denn es wird für die Betroffenen und auch die gesetzlichen Krankenkassen Klarheit und Rechtssicherheit schaffen und hoffentlich zu einer zügigeren Bearbeitung der anhängigen Fälle führen.

“Einkaufsfuchs auf Rezept” Artikel aus der Mai-Ausgabe 2010 der Zeitschrift “Gegenwart”


Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift “Gegenwart” Ausgabe 05/2011 des DBSV (Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband).

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Christiane Möller
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