Einkaufsfuchs auf Rezept - Bundessozialgericht stärkt das Recht der Versicherten

Von Christiane Möller (rbm)

Der Einkaufsfuchs ist ein Barcode-Lesegerät, das den auf Waren aufgedruckten Strichcode erkennt und über eine Sprachausgabe etwa den Produktnamen oder die Füllmenge mittels elektronischer Sprachausgabe ansagt. Für viele blinde oder hochgradig sehbehinderte Menschen ist dieses Hilfsmittel ein wichtiger Helfer im Alltag geworden, und zwar nicht nur beim Einkauf, wie der Name des Geräts vielleicht vermuten lässt, sondern vor allem bei der selbstständigen Haushaltsführung.

Krankenkassen weigerten sich aber immer wieder, trotz der aktuellen und durchweg positiven Rechtsprechung in Bezug auf die Verpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen, ihre Mitglieder mit diesem Hilfsmittel im Bedarfsfall auszustatten. Mittlerweile hat sich auch das Bundessozialgericht mit dem schlauen Fuchs befasst. Geklagt hatte eine spät erblindete Frau, die bereits vor dem SG Berlin, Gerichtsbescheid vom 02.06.2009 - S 72 KR 3222/07 - sowie beim LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.07.2010 - L 1 KR 188/09 - Recht bekam.

Da die beklagte Krankenkasse eine Grundsatzentscheidung verlangte, ging der Fall vor das Bundessozialgericht. In der Entscheidung vom 10.03.2011 - B 3 KR 9/10 R - haben die Kasseler Richter nun höchstrichterlich klargestellt, dass ein Barcode-Lesegerät für Blinde ein Hilfsmittel ist, das gesetzliche Krankenkassen ihren Mitgliedern zur Verfügung zu stellen haben, sofern es im Einzelfall erforderlich ist.

Die Urteilsbegründung liegt noch nicht schriftlich vor. Das Gericht hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung aber darauf hingewiesen, dass das selbstständige Wohnen, wozu auch das Einkaufen und die eigenständige Organisation des Haushalts gehören, zu den Grundbedürfnissen eines jeden Menschen zählt. Sofern das Hilfsmittel also von einem blinden Menschen für diesen Zweck benötigt wird, ist es auch durch die gesetzliche Krankenkasse zu finanzieren.

Abgeschlossen ist die Angelegenheit für die Klägerin aber noch nicht, denn der Fall wurde ans LSG Berlin-Brandenburg zurückverwiesen, das nun noch einmal zu erörtern haben wird, ob die Versorgung im konkreten Einzelfall erforderlich und wirtschaftlich ist. Bedeutend ist das BSG-Urteil aber allemal, denn es wird für die Betroffenen und auch die gesetzlichen Krankenkassen Klarheit und Rechtssicherheit schaffen und hoffentlich zu einer zügigeren Bearbeitung der anhängigen Fälle führen.


Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift “blista News” Ausgabe April 2011 der Deutschen Blindenstudienanstalt e. V.).

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Christiane Möller
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