Durch die Gesetzeslücke zum Hilfsmittel

von Christiane Möller (rbm)

Die Rechtsberatungsgesellschaft “Rechte behinderter Menschen” hat ihre Arbeit aufgenommen. Anlass für die “Gegenwart”, eine neue Rechtsrubrik einzurichten mit konkreten Tipps zu rechtlichen Fragen. Diesmal: Was tun, wenn die private Krankenversicherung sich weigert, die Kosten für bestimmte Hilfsmittel zu übernehmen?

In der Vergangenheit stießen blinde und sehbehinderte Menschen, die privat krankenversichert sind, immer wieder auf Probleme, wenn es um die Kostenübernahme von Hilfsmitteln wie Blindenlesesystemen, Bildschirmlesegeräten, Farberkennungsgeräten oder Braillezeilen für den Schulbesuch ging, also von Hilfsmitteln im Bereich der Grundversorgung. Der Grund: Viele private Krankenversicherungen haben in ihre Versicherungsbedingungen Hilfsmittelkataloge aufgenommen, die eine Finanzierung derartiger Geräte nicht vorsehen. Das wollten viele Versicherte nicht hinnehmen und versuchten, vor Amts- und Landgerichten bis hin zum Bundesgerichtshof ihr Recht einzuklagen. Denn schließlich haben gesetzlich Krankenversicherte auch einen Anspruch auf die Versorgung mit derartigen Hilfsmitteln. Aber diese Versuche blieben in der Regel erfolglos, weil eine private Krankenversicherung nun einmal frei darin ist, wie sie ihre Verträge gestaltet. Und so kamen die Richter zur Auffassung, dass in einen Vertrag, der eine abschließende Aufzählung möglicher Hilfsmittel enthält, im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung nichts mehr “hineinzudeuteln” ist.

Nun stellt sich aber die Frage, ob es für die Betroffenen nicht einen viel einfacheren Weg gibt, um die Hilfsmittel finanziert zu bekommen. Auf den ersten Blick mag es etwas ungewöhnlich anmuten, doch ein Antrag auf Kostenübernahme im Rahmen der Gewährung von Eingliederungshilfe für behinderte Menschen gemäß § 54 Absatz 1 SGB XII beim zuständigen Sozialhilfeträger kann helfen. Sozialhilfe? Nein Danke! Ist das nicht zwangsläufig mit einer demütigenden Offenlegung der Einkommens- und Vermögenssituation verbunden? Nein: Zwar ist es richtig, dass die meisten Leistungen der Sozialhilfe nur einkommens- und vermögensabhängig gewährt werden und die Hilfeleistungen äußerst restriktiv ausfallen. Das rührt daher, dass Sozialhilfe grundsätzlich nicht erhält, wer sich selbst helfen kann oder die notwendigen Mittel von anderen erhält. Damit wären Privatversicherte aufgrund ihrer Finanzsituation häufig aus dem Rennen. Das SGB XII sieht aber in bestimmten Fällen einen einkommens- und vermögensunabhängigen Leistungsanspruch vor  –  und zwar gemäß § 92 SGB XII unter anderem für Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Und genau zu diesen Leistungen gehören Hilfsmittel wie Braillezeilen, Bildschirmlesegeräte, Farberkennungsgeräte und Co. Wer sie nicht von seiner Krankenkasse bezahlt bekommt, hat also diesen Anspruch beim Sozialhilfeträger unabhängig von Einkommen und Vermögen.

Hier lässt sich im Streitfall mit der Fülle der Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit in Bezug auf das jeweils benötigte Hilfsmittel argumentieren. Jüngst kamen auf diesem Weg privat krankenversicherte Eltern zu ihrem Recht, die für ihren mehrfach behinderten Sohn einen behindertengerechten Autositz benötigten. Und auch die Kosten für eine Braillezeile und ein Bildschirmausleseprogramm für den Schulbesuch einer Sechstklässlerin konnten so gedeckt werden. Klarzustellen ist aber, dass die Leistungsverpflichtung des Sozialhilfeträgers nie über das hinausgeht, was die gesetzliche Krankenversicherung leisten müsste.

Der Tipp für privat versicherte schwerbehinderte Menschen lautet dementsprechend:


Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift “Gegenwart” Ausgabe 10/2009 des DBSV (Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband).

Angaben zum Autor

Christiane Möller
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